
Ein Mann benutzt Zahnseide (Symbolbild)
Diese Zahnseide misst, wieviel Stress du hast
Stress ist schlecht. Nicht nur für den Geist, sondern auch für den Körper. Ein zu hoher Stresslevel kann zu erhöhtem Blutdruck, verminderter Leistung des Immunsystems und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Ein Problem ist Stress, der zu solchen Problemen führen kann, zu erkennen. Auf die Frage des Hausarztes: „Haben sie Stress?“, als Patient wissenschaftlich fundiert zu antworten, ist nahezu unmöglich. Und ständig ein Wearable tragen, nur um das Stresslevel anhand von Pulsvariationen zu messen, ist für viele keine Option.
Forscher an der amerikanischen Universität Tufts haben daher eine neue Methode entwickelt, um Stress zu messen: mit Zahnseide.

Prototyp der stressmessenden Zahnseide
© Atul Sharma/Nafize Ishtiaque Hossain
Nebenbei messen
Ihre Idee war, einen Stressmesser zu entwickeln, der im Alltag integriert ist. Denn eine bewusste Stressmessung könnte selbst Stress verursachen und so das Ergebnis verfälschen. Das Prinzip kennt man etwa von Patienten, die prinzipiell immer nervös bei Arztbesuchen sind, weshalb das Blutdruckmessen dort immer ein zu hohes Ergebnis liefert.
Neben dem „nebenbei messen“ war den Forschern auch wichtig, dass nicht extra ein Gerät verwendet werden muss, das man sonst nicht auch nutzen würde. Denn wer bisher weder Schmuck noch Uhr trägt, wird mit einer Smartwatch oder einem smarten Ring nicht glücklich werden, die er oder sie nur tragen muss, um den Stresslevel zu ermitteln.
Die Forscher sind schließlich auf das Zähneputzen gekommen. Denn das sollte man ohnehin 2-mal täglich machen und im Speichel befindet sich Cortisol. Dieses Hormon ist auch als Stresshormon bekannt, weil es in Stresssituationen verstärkt ausgeschüttet wird.
➤ Mehr lesen: Laifen Wave im Test: Die schwingend-vibrierende Schallzahnbürste
Zahnseide-Stick mit Elektroden
Als Messinstrument wurde ein Zahnseide-Stick gewählt. Von außen sieht der wie ein gewöhnlicher Stick aus: Das Stück Zahnseide ist zwischen einer Plastikgabel gespannt. Bei der Stressmess-Version befindet sich in der Zahnseide ein winziger Kanal, der etwas Speichel ins Innere des Griffstücks leitet.
Dort befinden sich Elektroden, die das Cortisol messen. Die elektrochemische Technik dahinter gibt es seit bereits fast 30 Jahren und heißt eMIP (Electropolymerized Molecularly Imprinted Polymer). Damit könnte man auch Zahnseide-Sticks herstellen, die andere Hormone erkennen, etwa Östrogen für das Tracking der Fruchtbarkeit oder Biomarker, die auf Krebs hindeuten. Theoretisch könnten auch mehrere Dinge gleichzeitig gemessen werden.

Aufbau des Zahnseide-Sticks mit Stresssensor
© Atul Sharma/Nafize Ishtiaque Hossain
Kein Ersatz für Bluttest zur Diagnose
Die Genauigkeit der eMIP-Zahnseide soll mit den besten am Markt erhältlichen Cortisol-Sensoren und solchen, die sich noch in Entwicklung befinden, vergleichbar sein. Die Forscher betonen aber, dass diese Lösung, trotz der hohen Genauigkeit, nicht zur Diagnose dienen sollte, sondern zur längerfristigen Überwachung.
Für die akute Diagnose sei der Bluttest der goldene Standard. Aber um danach etwa zu überwachen, ob die Therapie mit Medikamenten hilft, sei die eMIP-Zahnseide gut geeignet. Sie könne auch als Frühwarnmethode dienen, sollte aber dazu schon genutzt werden, bevor akute körperliche Leiden auftreten, die stressbedingt sein könnten.
Die Forscher planen ein Start-up zu gründen, um die Stressmess-Zahnseide auf den Markt zu bringen. Idealerweise werden die Daten des Zahnseide-Sticks dann drahtlos zum Smartphone übermittelt. Mit einer App könnten so die Werte getrackt werden. Eine Prognose dazu, wann die eMIP-Zahnseide verfügbar sein könnte und wieviel sie kosten soll, geben die Forscher nicht ab.
Kommentare