Trinity College in Dublin

Trinity College in Dublin

© Getty Images/jacquesvandinteren/iStockphoto

Science

Wie Irlands Forscher von den Tech-Firmen profitieren

Gesunde Kuhmilch von immergrünen Wiesen, dunkel-malziges Guinness und der steuerbegünstigte Europasitz von Tech-Giganten – solche Bilder verbinden viele mit Irland. Weniger bekannt ist, dass das Land auch durch seine Spitzenforschung hervorsticht. 

Im Unterschied zum Nachbarland Großbritannien ist Forschung dort zwar nicht das erste, woran man denkt, doch im EU-Innovationsvergleich belegt Irland Platz 7 und zählt damit – gemeinsam mit Österreich – zu den innovativsten Ländern Europas. Der Inselstaat überzeugt nicht nur mit einer hohen Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen, sondern auch mit deren erfolgreicher Umsetzung in wirtschaftliche Projekte. Weltweit rangiert Irland unter den Top 20 der innovationsstärksten Länder.

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Um mehr über das irische Innovationssystem zu erfahren, begab sich eine Gruppe österreichischer Forscher und Innovationsmanager im Mai auf eine vom Forschungsnetzwerk Austrian Cooperative Research (ACR) organisierte Studienreise nach Irland.

Geld von Google & Co

Wie auch in Österreich stammt ein Großteil des Forschungsbudgets in Irland von Großunternehmen – insbesondere aus dem Tech-Bereich. Google, Meta, Amazon und TikTok haben ihren europäischen Sitz aus steuerlichen Gründen in Irland, tragen aber wesentlich zur Innovationslandschaft bei.

„Jedes Mal, wenn man in Österreich auf MS Teams zugreift, zahlt das in Irland ein“, erklärt Josef Treml, Wirtschaftsdelegierter in Irland. Die Präsenz dieser Konzerne macht Irland zum drittgrößten Dienstleistungsexporteur der EU.

Indirekt fördern die Tech-Riesen die Forschung: Einerseits ziehen sie internationale Talente an, andererseits kooperieren sie mit Universitäten und investieren in gemeinsame Projekte. Allerdings birgt diese starke Abhängigkeit auch Risiken – etwa im Hinblick auf mögliche US-Zölle auf Pharmaprodukte, die für Irland eine Schlüsselbranche sind.

„Die Iren schauen derzeit sehr genau auf die Entwicklungen in den USA – aber auch auf die Reaktionen innerhalb der EU“, so Treml. Sollte die EU als Gegenmaßnahme erneut eine Sondersteuer auf Tech-Konzerne einführen, würde das wiederum Irlands Budget belasten. Andererseits wüssten die Iren auch um die Stärken ihres Standortes und man sieht die Chance, dass man jetzt Talente aus den USA nach Irland holen kann. Über die Jahre hätten sich zudem Expertenökosysteme herausgebildet, die man an anderen Standorten nicht hätte.

Der österreichische Wirtschaftsdelegierte Josef Treml (links) mit ACR-Präsidentin Iris Filzwieser.

Der österreichische Wirtschaftsdelegierte Josef Treml (links) mit ACR-Präsidentin Iris Filzwieser.

KI-Begleiter, Luftfahrt und neue Treibstoffe

Ein herausragendes Beispiel für Irlands Forschungserfolg ist das ADAPT Center am Trinity College Dublin, das zwischen mehr als 300 akademischen Forschern und Unternehmen vermittelt. Der Schwerpunkt liegt auf künstlicher Intelligenz, insbesondere in Bereichen wie Kundendienst-Avatare oder automatisierte Beratung.

Darüber hinaus arbeitet ADAPT auch an Lösungen für die Dekarbonisierung der Luftfahrt, etwa durch den Einsatz sogenannter SAFs (Sustainable Aviation Fuels). „Derzeit ist die Menge an nachhaltigen Treibstoffen gering. Es gibt aber Forscher, die neue Rezepturen entwickeln – diese müssen jedoch analysiert und zertifiziert werden“, erklärt Jürgen Osin vom ADAPT Center. Ryanair kooperiert in diesem Bereich mit dem Trinity College und hat gemeinsam ein Forschungszentrum gegründet, das neue Treibstoffe testet und zertifiziert.

Von der Präsenz der Tech-Konzerne profitiert das Zentrum zusätzlich, da hochqualifiziertes Personal für Spin-offs schnell gefunden wird. Die enge Verbindung von Forschung und Wirtschaft hat bereits zu zahlreichen Ausgründungen und Lizenzvergaben geführt – Erfolge auf die man auch in Österreich etwas neidisch blickt.

„Es gibt einen sehr guten Austausch zwischen Industrie und Wissenschaft – das finde ich sehr wichtig“, sagt ADAPT-Forscher Ben Cowan im Gespräch mit futurezone. Gleichzeitig betont er die Bedeutung wissenschaftlicher Unabhängigkeit. Die Nähe zu den Unternehmen ermögliche auch unkompliziertes Networking bei gemeinsamen Veranstaltungen.

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Kommunikation trifft Medizintechnik

Neben KI-Forschung gibt es noch weitere Bereiche, in denen Irland hervorsticht – etwa die Pharmabranche und Medizintechnik. Besonders letztere profitiert von Entwicklungen in der Kommunikationstechnologie, erklärt Carlo Webster vom Tyndall National Institute, das auf Nanotechnologie, Photonik und Elektronik spezialisiert ist: „Wir übernehmen Technologien aus der Kommunikationswissenschaft und adaptieren sie für Medizingeräte.“ So entstehen beispielsweise implantierbare Sensoren und Medikamentenspender, die ursprünglich für Computer oder autonomes Fahren entwickelt wurden.

Carlo Webster vom Tyndall National Institute hielt einen Vortrag für österreichische Forscher und Innovationsmanager.

Carlo Webster vom Tyndall National Institute hielt einen Vortrag für österreichische Forscher und Innovationsmanager.

Filzwieser: „Wir müssen mehr miteinander reden“

Trotz vieler Unterschiede lassen gibt es auch Gemeinsamkeiten zwischen Irland und Österreich. „Ein kleines Land wie Irland kann nicht in allem gut sein – deshalb konzentrieren wir uns auf ausgewählte Bereiche“, sagt Ciarán Seoghe, Leiter der Forschungsorganisation Research Ireland.

Was Irland jedoch besonders auszeichnet, ist die enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft. „Unsere Fähigkeit, miteinander zu reden und uns zu vernetzen, ist entscheidend“, so Seoghe. Diese Kultur beeindruckte auch Iris Filzwieser, Präsidentin der ACR: „Ich glaube, wir haben in Österreich verlernt, miteinander zu reden und aufeinander einzugehen.“

Sie plädiert für mehr internationale Kooperationen, Exportförderung und eine aktive Standortpolitik, um Forscher und Unternehmen nach Österreich zu holen. Dafür brauche es vor allem eines: Zukunftssicherheit in der Forschung. Irland profitiere laut ihr nicht nur vom Steuervorteil, sondern auch von einer konstanten politischen Linie über viele Jahre – ein entscheidender Standortfaktor für Unternehmen wie Apple und Google.

In Irland blickt man positiv auf die Wissenschaft

Besonders beeindruckt war Filzwieser vom in Irland herrschenden wissenschaftlichen Verständnis. Als Beispiel nennt sie den „Science Bus“, bei dem Forscher Kaffee ausschenken und sich inspirieren lassen, woran sie forschen sollen. „Innovation muss bei den Menschen ankommen. Wir sollten als Forschende viel öfter zuhören und fragen, wo wirklich Bedarf besteht", so Filzwieser.

Dieser Artikel entstand in redaktioneller Unabhängigkeit im Rahmen einer Einladung der Austrian Cooperative Research (ACR). 

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Jana Unterrainer

Überall werden heute Daten verarbeitet, Sensoren gibt es sogar in Arktis und Tiefsee. Die Welt hat sich durch die Digitalisierung stark verändert. Das interessiert mich besonders, mit KI und Robotik steigt die Bedeutung weiter enorm.

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Jana Unterrainer

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